Heisshunger zeigt dir, was wirklich läuft
- Laura Lombardini
- 22. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Sept.
Wer kennt es nicht: Die Karotten und der Broccoli im Kühlschrank, aber der Schoggiriegel ist gerade unwiderstehlich. Wenn du bisher dachtest, dass Nachgeben einfach mit fehlender Willenskraft zu tun hat, dann ist dieser Blog für dich.
In den letzten Wochen habe ich aus Neugier angefangen, meinen eigenen Heisshunger zu beobachten. Nicht nur wann er auftaucht, sondern auch, wie ich mit ihm umgehe. Spoiler: nicht besonders nett.
Nach dem vierten Kioskbesuch in einem Monat fragte ich mich irgendwann: Wann spüre ich eigentlich am meisten Heisshunger? Und ich stellte fest: An Tagen, an denen ich von einem Termin zum nächsten hetzte. Auf dem Heimweg wusste ich dann auch schon: Am Kiosk führt kein Weg vorbei. Alles in mir wollte Zucker, sofort. Während dem Essen ein Feuerwerk im Kopf, kurz danach ein flaues Gefühl im Magen und der Gedanke: “Damn, wieder null Kontrolle.“ Ich wunderte mich, wieso ich, die eigentlich so viel über Ernährung weiss, es nicht hinkriegt, standzuhalten. Offensichtlich reicht Wissen nicht aus. Und genau das sehe ich auch in meinen Coachings, egal bei welchem Thema: Viele meiner Kund*innen wissen ganz genau, was ihnen gut tun würde und trotzdem bleibt die Umsetzung schwierig. Da zeigt sich, dass noch andere Faktoren im Spiel sind, die stärker wirken als reines Wissen.
Also habe ich tiefer gegraben. Und wow, es gibt viele Einflussfaktoren auf Heisshunger. Hier ein Auszug der Faktoren, die eine Rolle spielen können:
Biologisch: Vielleicht ist es einfach Hunger, weil die letzte Mahlzeit schon länger her ist. Oder das Mittagessen (Pasta ohne Protein) hat den Blutzucker hoch katapultiert und danach crashen lassen. Da ruft der Körper nach schnellem Nachschub. Auch Schlafmangel verstärkt das Hungergefühl und macht Heisshunger wahrscheinlicher.
Hormonell: Stress schüttet Cortisol aus, Cortisol macht Hunger. Der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt und will schnelle Energie, um Muskeln und Gehirn zu versorgen – Heisshunger ist das Signal. Auch der Zyklus spielt eine Rolle: hormonelle Schwankungen, besonders von Östrogen und Progesteron, beeinflussen den Blutzucker, den Appetit und das Belohnungssystem im Gehirn.
Emotional: Essen tröstet. Punkt. Und ja, es gibt etwas fast Filmreifes an einem tränenreichen Sofaabend mit Ben & Jerrys.
Sozial: Wenn alle im Büro zum Riegel greifen, fühlt es sich normal an. Wenn nicht, fühlst du dich vielleicht wie die einzige, die „schwach“ wird. Was unser Umfeld tut, hat Einfluss auf unser Verhalten und wie wir darüber denken.
Gewohnheit: Anstrengender Tag = Cookie. Das Gehirn lernt schnell, und irgendwann denkst du gar nicht mehr bewusst daran, es passiert einfach.
Glaubenssätze: „Iss den Teller leer“, „Süsses hast du dir (nicht) verdient“. Klingt harmlos, sitzt aber tief. Glaubenssätze verstärken Heisshunger oder färben ihn emotional ein. Mal fühlt er sich gerechtfertigt an, mal löst er Schuldgefühle aus. Der selbe körperliche Reiz, andere Wirkung.
Unterm Strich läuft unser Körper oft im Autopilot. Stress, Schlafmangel oder unausgesprochene Gefühle setzen ihn zusätzlich in Alarmbereitschaft und wir greifen reflexartig nach Snacks, um uns zu regulieren. Heisshunger ist also nicht einfach nur ein „Fehler“, sondern eine Botschaft.
Die Frage ist: Hören wir zu? Was sagt der Körper? Vielleicht, dass heute zu viel war. Dass er Ruhe braucht. Oder dass ein Teil gerade Trost sucht. Mir hilft es in solchen Momenten innezuhalten, meine Füsse zu spüren, den Atem wahrzunehmen und zu sagen: “Ja, heute war es wirklich viel.”
Und nein, das klappt nicht immer. Ich lande auch heute noch manchmal beim Kiosk. Aber: Ich gehe freundlicher mit mir um. Und das verändert alles. Heisshunger zeigt mir heute nicht nur, dass mein Körper Energie will, sondern dass etwas in mir gerade aus dem Gleichgewicht ist.
Heisshunger kann also ein Fenster sein. Nicht nur zu Schokolade, sondern zu dir selbst. Und genau so erlebe ich es auch im Coaching: Hinter einem scheinbar kleinen Thema steckt oft viel mehr – alte Glaubenssätze, Überforderung, Trauer. Wenn wir gemeinsam hinschauen, entstehen neue Wege. Nicht um perfekt zu sein, sondern um stimmiger mit dir selbst durchs Leben zu gehen.
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